Im Gespräch mit Antonia Dorah (2024/Hinter Mauern)

 

Hallo Antonia, wir würden uns freuen, wenn du uns ein paar Fragen anlässlich deines Beitrags in der Anthologie „Hinter Mauern“ beantwortest. Los geht es mit: An was denkst du als erstes, wenn du "Mittelalter" hörst?

An die Sage von König Artus. Als Kind hatte ich ein Hörspiel dazu, von dem ich gar nicht genug bekommen konnte. In dem Alter kannte ich den Unterschied zwischen „Geschichte“ und „Geschichten“ natürlich noch nicht.

Wie kam es zu deiner Geschichte für "Hinter Mauern"?

Nachdem ich die Ausschreibung zur Anthologie entdeckt hatte und mir das Thema auf Anhieb mir sehr gefiel, habe ich tagelang über Belagerungen und Kriege im Mittelalter recherchiert, aber eine Idee nach der anderen wieder verworfen (wobei doch ein oder zwei davon für später in der Schublade gelandet sind). Ich wollte noch nicht aufgeben und lenkte meine Recherche in eine neue Richtung, nämlich Burg- und Turmruinen und dabei fiel mir ein Detail auf: Über viele mittelalterliche (oder frühneuzeitliche) Bauwerke wird erzählt, dass dort eine weiße Frau umgehe, deren Erscheinen als Unheilsbote oder als Warnung vor Gefahr betrachtet wird. Eine weiße Frau, die meinen Protagonisten vor Unheil warnt, das packte mich auf Anhieb und um diese Idee habe ich dann alles andere herumgewoben. Oder vielleicht waren es ja doch nur Rauchschwaden… 😉

Welche Stereotype des Mittelalters hast du in deiner Geschichte bewusst vermieden?

Die Hexenverbrennung, weil diese hauptsächlich eine Erscheinung der frühen Neuzeit ist und somit zu Unrecht gerne mal dem Mittelalter zugerechnet wird. In meiner Geschichte lautet deswegen die Anklage, aufgrund derer einer Person der Feuertod droht, Brandstiftung und eben nicht Hexerei.

Welche Mauer des Mittelalters findest du am bedrohlichsten?

Mauern an sich empfinde ich nicht als bedrohlich, sondern eher als schützend, wahrscheinlich weil ich noch niemals irgendwo eingesperrt war. Allerdings habe ich so mein Problem mit Maueröffnungen. Damit meine ich keine Türen und Tore, sondern Wehrerker und Maschikulis, aus denen man zu Verteidigungszwecken Steine, Unrat oder heiße Flüssigkeiten auf den Fuß der Mauer herabregnen lassen konnte. Die verursachen mir ein mulmiges Gefühl. Man weiß ja nie, ob oben grad jemand steht, der auf dumme Gedanken kommt.

 

Link zur Anthologie "Hinter Mauern"

Antonia Dorah entwickelt und erzählt Geschichten in phantastischen, futuristischen und historischen Settings. Die Autorin lebt mit ihrem Mann und einem kleinen Rudel von Kellerfröschen in Norddeutschland. Die gebürtige Rheinländerin arbeitete zunächst als Illustratorin und Animationszeichnerin in einem Kölner Zeichentrickstudio, wo sie unter anderem an Produktionen für den WDR mitwirkte. Heute ist die studierte Bildungsmanagerin im Bereich der Erwachsenenbildung tätig. Antonia Dorah ist begeisterte Rollenspielerin, Cosplayerin und E-Sportlerin. Sie ist Mitglied im Bremer Literaturkontor und Nachwuchsmitglied im PAN.