Im Gespräch mit Udo Brückmann

Was hat Dich angesprochen am Thema "Pest"? Warum hast du an der Ausschreibung teilgenommen?

Die Epoche des Mittelalters interessiert mich als Autor ganz besonders, da sie gesellschaftliche Umbrüche bereits andeutet und im Kern in sich trägt. Das Streben nach geistiger Freiheit halte ich für ein sehr menschliches Bedürfnis, das jedoch zeitlos ist. - Die Pest-Thematik hat eine gewisse Faszination, weil dieses zentrale Drama in all seiner Grausamkeit keine gesellschaftliche Schicht „ausgespart“ hat. Bewährte Kontrollmechanismen des geistigen Betruges (zum Beispiel der kirchliche Ablasshandel) werden erstmals in ihrer Sinnhaftigkeit angezweifelt, da sie nicht mehr greifen und nur noch als „Strafe Gottes“ verkauft werden können. Der Protagonist meiner Kurzgeschichte „Memento Mori“, die ich für die Ausschreibung eingereicht habe, erliegt allerdings nicht dem Schwarzen Tod, sondern wird von den erzürnten Bürgern, die seinen Betrug als vermeintlichen „päpstlichen Gesandten“ und dessen Absicht der persönlichen Bereicherung durchschaut haben, gerichtet. Dies ist keine Verzweiflungstat, sondern geschieht ganz bewusst und kollektiv.

Bei deiner Geschichte liegt wie man so sprichwörtlich sagt „die Würze in der Kürze“. Auch damals bei deinem Beitrag für unsere Luther-Anthologie war das schon so. Ist dieser recht prägnante, konzise Schreibstil ein typisches Markenzeichen von dir?

In meiner schriftstellerischen Auffassung sollte eine Kurzgeschichte – wie das Wort schon sagt – auch eine solche bleiben und nicht als „Novelle“ daherkommen. Für mich liegt in der Kürze tatsächlich die Würze, denn die Kurzgeschichte als spezifische Momentaufnahme ist schon fast eine Kunstform, die literarisch leider zu wenig Beachtung findet. Als Genre sollte sie den berühmten Nagel auf den Kopf treffen und außerhalb der Pointe nicht unnötig ausschweifen. Wie gesagt, dies ist meine Meinung als Autor, da ich ein Publikum ebenso handwerklich wie inhaltlich gut unterhalten möchte.

Wie schaffst du dir neben deinem Brotjob die Zeit zum Schreiben?

Genau das frage ich mich auch ständig! Der Brotjob des Deutschlehrers und DaF-Dozenten („Deutsch als Fremdsprache“) nimmt nicht nur viel Zeit, sondern vor allem viel Energie in Anspruch. Der Vorteil: Es findet eine gewisse Sensibilisierung für die eigene Muttersprache statt: Der Blick über den Tellerrand bleibt nicht nur erhalten, sondern erweitert sich von innen. Um zusätzlich den Beruf des Autors zu bedienen, bedarf es eines wenig geliebten, aber unerlässlichen Wortes: Disziplin. Da das Schreiben für mich weder Arbeit noch Selbsttherapie ist, empfinde ich konzentrierte Freude daran, neu ausgedachte Figuren innerhalb von bestimmten Situationen und Ereignissen zum Leben zu erwecken. So relativiert sich das wenig geliebte Wort und wird unsichtbar.

Gibt es Autorinnen oder Autoren, die dich mit ihren Werken inspiriert haben? Wenn ja, wen?

Da gibt es eine ganze Vielzahl an Autorinnen und Autoren, die mich mit ihren Werken inspirieren. Einige Namen möchte ich hier nennen: Michael Ende, Astrid Lindgren, Vicco von Bülow alias Loriot, Hermann Hesse, Khalil Gibran und Friedrich Schiller. „Geistige Essenzen“ sind für mich ohne eine Prise Komik und Absurdität nicht vorstellbar. Dazu mein Lieblingszitat von Schiller: „Wer über alles lachen könnte, würde die Welt beherrschen.“

Letzte Frage: Wenn du ins Mittelalter reisen könntest: Auf welchen Ort und welche Zeit würdest du die Zeitmaschine einstellen? Und warum?

Diese Frage kann ich leider noch nicht öffentlich beantworten, denn der Ort, an den ich per Zeitmaschine reisen möchte, wäre ganz zufällig derselbe Ort, an dem ich einen ganzen Mittelalter-Roman mit knisternder Spannung spielen lassen würde! Nur soviel sei verraten: Es handelt sich um einen Ort in Süddeutschland, der trotz seiner einstigen Bedeutung im Mittelalter heute ein wenig aus dem Blickfeld geraten ist.

Der Link zum Buch mit Udo Brückmanns Geschichte "Memento Mori".