Im Gespräch mit ... Yngra Wieland (Dezember 2015)

Autorin Yngra Wieland

Im Burgenwelt Verlag ist gerade dein historischer Roman „Der Tanz der Schäfflerin“ erschienen. Erzählst du uns kurz, worum es geht? Was hat dich zu dieser Geschichte inspiriert?

Wir schreiben das Jahr 1634. Jakoba, die Tochter eines Schäfflermeisters lebt in München. Sie hat einen Traum – sie möchte einmal beim Schäfflertanz mitmachen, aber das ist nur Männern erlaubt. Sie verbindet viel mit dem Tanz, die Erinnerung an ihre früh verstorbene Mutter und Lebensfreude, denn dieser Tanz wird von den Schäfflern, den Fassmachern, immer nach einer Pestepidemie getanzt, um den Sieg des Lebens über den Tod zu feiern. Der letzte Tanz ist lange her, er ist fast in Vergessenheit geraten. Die Pest bricht erneut aus und Jakoba überredet ihren Vater, den Schäfflertanz aufzuführen. Natürlich mit dem Hintergedanken, sich dazu zu schmuggeln. Schon bei den Proben wird sie verraten – jemand verpetzt sie bei der Stadtwache. Sie muss fliehen und trifft Sylvester, der seinen eigenen Dämonen zu entkommen versucht. Er verspricht ihr zu helfen und geht zu Jakobas Vater um sich von ihm einstellen zu lassen. Jakobas Wunsch, mit zu tanzen ist so stark, dass sie sich tatsächlich zum Tanz einfindet – doch alles endet im Chaos und sie wird verhaftet. Das ist natürlich nicht das Ende. Jakoba ist eine Kämpferin. Mehr wird nicht verraten…

Die Idee zu der Geschichte entstand im Februar 2012, ein Jahr, in dem die Schäffler getanzt haben, was der Tradition folgend nur alle sieben Jahre geschieht. Ich begegnete einem kleinen Jungen, der stolz ein Schäfflerkostüm trug, sein Vater war ebenfalls Schäfflertänzer. Seine kleine Schwester, gekleidet in ein reizendes Dirndl, rannte heulend hinter ihm her. „Ich will auch Schäffler sein! Ich will auch tanzen!“
In meinem Gehirn entzündete sich in diesem Augenblick ein Funke, es war, als würde ein Film ablaufen und das Gerüst der Geschichte war geboren.

Eine starke Hauptprotagonistin – wie deine Schäfflerin Jakoba – scheint gerade im historischen Roman derzeit besonders beliebt zu sein. Was meinst du, woran das liegt?

Ich glaube, dass es ermutigt, eine starke Protagonistin zu begleiten, mitzuerleben, wie sie gegen alle erdenklichen Schwierigkeiten kämpft, am Boden liegt, aber mit ungebrochenem Mut und Willen weitermacht, um ihrem Traum ein Stück näher zu kommen. Jeder von uns erlebt solche Momente und ich finde, solche Figuren motivieren dazu, sich nicht beirren zu lassen, seinen Weg zu gehen und nicht aufzugeben. Vor allem nicht seine Träume! Vermutlich geht es den Leserinnen und Lesern ebenso.

Mit deiner Geschichte bewegst du dich sehr authentisch und fundiert im München des 17. Jahrhunderts. Wie aufwendig war die Recherche der historischen Details? Und wie viel Zeit hast du in deine Suche nach Informationen gesteckt, bevor du anfingst mit schreiben?

Die Recherche hat tatsächlich sehr viel Zeit in Anspruch genommen, aber das ist mir in meinen historischen Romanen sehr wichtig. Ich möchte Geschichte erzählen, im wahrsten Sinne des Wortes. Einige meiner Testleserinnen und Testleser haben mir gesagt, dass sie, seit sie das Buch gelesen haben, ganz anders durch München gehen. Ich habe sehr viel Zeit im Münchner Stadtarchiv und in der Bayrischen Staatsbibliothek verbracht. Ich habe alte Kammerrechnungen angeschaut, Stadtpläne, war in vielen Museen, vor allem das Münchner Stadtmuseum habe ich ausgiebig besucht. Und ich war natürlich in der letzten Schäfflerei in München. Der zweite Vorsitzende des Münchner Schäfflervereins, der auch das Vorwort zum Buch geschrieben hat, war sehr hilfsbereit, hat mir alle meine Fragen beantwortet, mir sogar die Schäfflerstube mit der alten Zunftfahne gezeigt. Von dort findet alle sieben Jahre der Auszug statt. Ich habe immer wieder zwischendrin recherchiert, wenn Fragen aufkamen. Ich bin die Wege, die Jakoba zurücklegt, abgegangen, um festzustellen, wie lange man braucht.

In meinem Blog (blog.wieland-autorin.de) erzähle ich in einem „writing of“ ganz genau, wie das Buch entstanden ist. In Kürze gibt es dort auch ein Interview mit dem zweiten Vorsitzenden der Münchner Schäffler, der auch Vortänzer ist.

Du scheinst dich im historischen Genre offensichtlich sehr wohl zu fühlen. Gibt es auch andere Themenwelten, deren Entdeckung du dir irgendwann vorstellen könntest?

Ich liebe die Vergangenheit, alte Dinge, Mittelaltermärkte, Burgen und Magie. Der erste historische Roman, den ich als Teenager gelesen habe, war „Angelique“ von Anne Golon. Ich wäre am liebsten in diese Geschichte hineingekrochen! Andere Themenwelten? Ja, auf jeden Fall! Mein Beruf neben dem Schreiben ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und ich habe bereits einige Ratgeber in CD-Form und Fachartikel veröffentlicht. Aktuell habe ich einen Elternratgeber beendet und gerade habe ich einen Vertrag für einen Kinder- und Jugendfantasyroman mit dem Titel „Majane und der weiße Falke“ abgeschlossen. Die Plots für einen Roman, der im Deutschland 1939 spielt, und für einen aktuellen Frauenroman stehen. Außerdem schreibe ich eine monatliche astrologische Kolumne für das Online Magazin Monaco de Luxe.

Auf welche deiner Geschichten (veröffentlicht oder nicht) bist du besonders stolz?

Es ist tatsächlich „Der Tanz der Schäfflerin“, weil diese Geschichte mein erster veröffentlichter Roman ist. Und dann gleich in einem so wundervollen Verlag wie dem Burgenwelt Verlag! Das macht mich richtig glücklich!

Aber ich liebe auch meine anderen Figuren. Die leben alle hier mit mir an meinem Schreibtisch. Und alle wollen zuerst dran kommen…

Gib uns doch zum Schluss bitte einen kleinen Einblick in deine schriftstellerische Zukunft. Woran arbeitest du jetzt gerade? Und werden wir Jakoba noch mal wiedersehen?

Wie schon gesagt, arbeite ich an verschiedenen Romanen, aber mit einem Teil meiner Schreiberseele muss ich im Mittelalter bleiben. Deshalb schreibe ich gerade an einem Roman über die Isarflößer und den Bau der Münchner Frauenkirche im 15. Jahrhundert. Meine Protagonistin Fronica hat es nicht gerade einfach…

Viele fragen mich, wie das möglich ist, so in Zeit und Raum hin und her zu flitzen. Aber ich liebe diese Vielfalt und ich schreibe jeweils an der Geschichte, die zu meiner derzeitigen Stimmung passt. Ob wir Jakoba wiedersehen? Sie ist mir schon sehr ans Herz gewachsen, immer, wenn ich den Roman beenden wollte, kam noch ein Schlenker, so als würde Jakoba nicht wollen, dass ich aufhöre, ihre Geschichte zu erzählen. Wenn die Leserinnen und Leser sie genauso gerne mögen, kann ich mir eine Fortsetzung gut vorstellen. Mir schwebt da schon etwas vor…

Herzlichen Dank, Yngra Wieland, für das kurzweilige Gespräch!

Das Interview führte Jana Hoffhenke im Dezember 2015