Im Gespräch mit Anton Vogel
Was hat dich angesprochen am Thema "Pest"? Warum hast du an der Ausschreibung teilgenommen?
Als mittlerweile langjähriger Fan des Burgenwelt Verlags warte ich jedes Jahr die Ausschreibungen ab, um zu sehen, ob das Thema für mich etwas sein könnte. Das Thema „Pest“ hat nun ein Grundinteresse für medizinhistorische Fragen in mir angesprochen. Außerdem steht die Pestepidemie des 14. Jahrhunderts, mit ihren Höhepunkten von 1348 bis 1351, in der Geschichte dieser keineswegs ausgerotteten Seuche einzigartig dar. Die Massenerkrankungen gingen auf eine besonders mutierte Form des Bakteriums Yersinia pestis zurück und bewirkten verheerende gesellschaftliche Umwälzungen – fanatische Weltuntergangsvorstellungen und pogromatische Anschuldigung der Juden sind die bekanntesten Auswüchse.
In deiner Geschichte „Nur ein Flohstich“ legst du viel Wert auf historische Authentizität, beschreibst Szenen sehr detailreich. Wie aufwändig war die Recherche hierfür?
Für jede meiner Kurzgeschichten oder ein Romanprojekt recherchiere ich sehr gründlich. Wie bei mancher anderen meiner Erzählungen gab aber auch hier ein medizinhistorischer Hinweis den ersten Zündfunken: Demnach könnte die Resistenz, die einige Menschen immer wieder der Pest gegenüber gezeigt haben, mit einer genetischen Veranlagung zu Anämie einher gegangen sein. Meine Protagonistin, die Witwe Katharina Bader, leidet an anämischen Symptomen und entwickelt sogar eine Art Forschungsansatz in dieser Richtung.
Wie oft überarbeitest du deine Texte, bevor du sie schließlich zum Verlag schickst?
Ich überarbeite meine Texte im laufenden Schreibvorgang. Von Rechtschreibfehlern bis hin zu logischen Schwächen wird alles ausgebessert, was mir beim Gegenlesen nach einer Schreibetappe oder vor Aufnahme der nächsten unter die Augen kommt. Im Wesentlichen mache ich es bei einer Erzählung immer so: Den Text von Anfang an so präzise aufbauen, dass nur kleinere Ausbesserungen nötig sind. Wie Stephen King einmal im Interview erklärte: Am Ende ist das wie ein Haufen Spielkarten, alles liegt schon aufeinander, und du musst dann nur noch die Ecken und Kanten bündig einklopfen. Ich glaube, ich bin nicht der geduldigste Überarbeiter. Komme ich mit einem Text über Monate oder Jahre gar nicht weiter, gebe ich ihn eher mal auf.
Hast du literarische Vorbilder? Welche Autorin oder welcher Autor hat dich besonders geprägt?
Stephen King wurde eben erwähnt, er war ein Begleiter meiner späten Jugend und frühen Studentenzeit. Vielleicht, weil seine psychologisch sehr subtilen Horror-Romane – vor allem die sozusagen klassischen wie „Carrie“ und „Es“ – auch Ängste aufgriffen, die junge Menschen beim Umbruch ihrer Lebensphasen unterschwellig beschäftigten. In der früheren Jugend nahm mich Michael Endes „Die Unendliche Geschichte“ regelrecht gefangen, und noch heute gehört sie neben den „Buddenbrooks“ von Thomas Mann zu meinen Lieblingsbüchern. Deren Liste ließe sich aber so stark erweitern, dass sie den Rahmen sprengen würde. Aus Thomas Manns Feder stammt auch die Novelle „Der Erwählte“, die mich mit den präzisen und atmosphärischen Darstellungen der mittelalterlichen Lebenswelt schließlich inspiriert hat, eigene historische Erzählungen zu verfassen.
In letzter Zeit kamen als Beispiele gelungener, weil sehr authentisch wirkender historischer Romane Yngra Wielands „Der Tanz der Schäfflerin“ und „Das Geheimnis der Flößerin“ dazu.
Letzte Frage: Wenn du ins Mittelalter reisen könntest: Auf welchen Ort und welche Zeit würdest du die Zeitmaschine einstellen? Und warum?
Wahrscheinlich die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts. Zwar ereigneten sich in dieser Zeit gehäuft Naturkatastrophen wie das Magdalenenhochwasser 1342 und die wahrscheinlich verheerendsten Pestepidemien der Geschichte, aber sie vollzieht auch den Übergang vom ausgehenden Mittelalter zur heraufdämmernden Neuzeit, vom Mittelhochdeutschen zum Neuhochdeutschen, das Linguisten etwa in der Mitte des Jahrhunderts ansetzen. Allerdings, länger als eine halbe Stunde möchte ich nicht in diese Zeit reisen! Bekenntnis eines Schreibtisch-Romantikers …
Danke für das Gespräch!
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