Im Gespräch mit Anna Eichenbach

Am 1. November 2019 ist im Burgenwelt Verlag dein Debüt-Roman „Wellensang: Eine Limfjord-Saga“ erschienen. Erzähl uns doch bitte zunächst kurz, worum es darin geht.

In „Wellensang“ erwecke ich die Wikingerzeit für eine Weile wieder zum Leben. Leserinnen und Leser erwartet ein spannendes Abenteuer mit einer Prise Romantik. Eine stolze Jarlstochter, die ihr Herz nicht leichtfertig verschenkt. Mutige Männer, die während der Überfahrt auf sturmgepeitschter See ihr Leben riskieren, um einen Platz in den Liedern der Skalden zu erringen. Raubzüge, Reichtümer und Verrat. Eben alles, was man mit den Wikingern in Verbindung bringt – und noch einiges mehr.

Viele Autoren berichten davon, dass ihre Charaktere während des Schreibens ein Eigenleben entwickeln und dann manchmal andere Wege gehen als ursprünglich vorgesehen. War das bei deinem Roman genauso? Und wenn ja, welcher deiner Charaktere hat sich am meisten von deiner eigentlichen Planung entfernt?

Bei „Wellensang“ ist mir das auch passiert – und das schon direkt zu Beginn der Geschichte. Im ersten Entwurf habe ich sowohl Turid als auch Heather in eine Richtung gedrängt, in der sich ihr Charakter nicht richtig entfalten konnte. Vor allem Turid hat sich quer gestellt und war erst wieder kooperationsbereit, als ich den Plot nach ihren Vorstellungen geändert habe.

Am schlimmsten war es aber bei Hakon. Eigentlich sollte er nur ein Nebencharakter sein. Jetzt hat er eine eigene Perspektive bekommen und sich beim Schreiben mehr und mehr in mein Herz geschlichen.

Du hast ja bisher hauptsächlich im historischen Genre veröffentlicht. Wie sehr bist du auf dieses Genre festgelegt? Und warum hat es dich ausgerechnet dorthin verschlagen?

Zurzeit liegt mein Schwerpunkt tatsächlich auf historischen Erzählungen, dabei habe ich als Autorin eigentlich in der Phantastik begonnen, für die mein Herz noch immer schlägt. Ehrlich gesagt hätte ich jeden für verrückt erklärt, der mir gesagt hätte, dass mein Debütroman ein historischer sein würde. Vor diesem Genre hatte ich immer am meisten Respekt, wenn nicht sogar Ehrfurcht.

Dass ich es trotzdem gewagt habe, liegt daran, dass ich durch Zufall über eine Anthologie-Ausschreibung des Burgenwelt Verlags gestolpert bin. Beim Schreiben habe ich damals gemerkt, wie viel Freude es macht, meine Figuren und ihre fiktiven Geschichten in die historischen Begebenheiten einzubetten. Das Genre kommt auch meinem Schreibstil sehr entgegen. Damals hat es meine Kurzgeschichte in die Sammlung geschafft, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Die positiven Rückmeldungen der Herausgeberinnen und der Lektorin haben mich darin bestärkt, diese Richtung weiter zu verfolgen. Seitdem komme ich nicht mehr davon los.

Wie hast du dir das Autorenhandwerk angeeignet? Schreibratgeber, spezielle Kurse, Schreibforen? Oder nichts davon?

Als ich anfing zu schreiben, dachte ich, die Buchwelt warte nur auf meine Geschichten. Dem war natürlich nicht so. Sobald ich das eingesehen hatte – und verstanden, dass eine vermeintlich gute Idee noch lange keinen guten Roman macht – habe ich begonnen, Schreibratgeber zu lesen, online nach Tipps für Autoren zu suchen und bin schließlich einem Autorenforum beigetreten. Dabei stieß ich auch regelmäßig auf den Rat, dass man Schreiben nur durch Schreiben lerne.

Also habe ich mich an Ausschreibungen versucht, an mir und meinen Texten gearbeitet, meinen Stil und meine Genres gefunden. Aber es gibt immer noch Dinge, in denen ich mich verbessern, bei denen ich dazulernen kann und möchte. Das wird sich mein ganzes Autorenleben lang nicht ändern.

Wenn du eine Geschichte fertig geschrieben hast, wem zeigst du sie als erstes?

Ich hatte das große Glück, einen unglaublich tollen Autor übers Schreiben kennenzulernen, der ein noch viel tollerer Mensch und mittlerweile auch mein bester Freund ist. Er begleitet meine Erzählungen von Beginn an und bekommt die Rohfassungen von Romanen und Kurzgeschichten als erster zu Gesicht. Und auch alle überarbeiteten Versionen. Ohne seine Unterstützung wäre ich früher oder später auch am Exposé und am Klappentext von „Wellensang“ verzweifelt. Sein Feedback ist konstruktiv, oft augenzwinkernd, aber immer zu einhundert Prozent aufrichtig. Wenn ihm eine Geschichte nicht gefällt, dann haut er sie mir – zu Recht – um die Ohren. Erst, wenn ich seine Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge eingearbeitet habe, zeige ich meine Geschichten auch anderen oder schicke sie auf die Reise zu Verlagen.

Hand auf´s Herz: Ist Turids Geschichte mit „Wellensang“ wirklich zu Ende erzählt?

Sagen wir so: Fürs Erste ist sie das sicherlich. Momentan wüsste ich nicht, was ich aus ihrem Leben noch erzählen sollte. Aber so ganz lassen mich meine Nordmänner und die Wikingerzeit noch nicht los. Der Limfjord hat noch einige Geschichten erlebt, von denen seine Wellen singen könnten. Eine Rückkehr in dieses Setting ist also nicht ausgeschlossen.

An welchem Projekt oder an welchen Projekten arbeitest du gerade? Was bekommen wir als nächstes von dir zu lesen?

Wie den meisten anderen Autoren mangelt es mir nicht an Ideen für Romanprojekte, eher an der Zeit, sie tatsächlich umzusetzen. Mein Fokus liegt aktuell auf einem weiteren historischen Roman, in dem es mich erneut an den Limfjord und in die Wikingerzeit verschlägt. Die Handlung knüpft lose an „Wellensang“ an, spielt aber eine Generation früher.

Nebenbei arbeite ich auch an einem Stoff, der mich nun schon seit einigen Jahren begleitet: An einem düsteren Fantasymärchen in einem herbstlich-verwunschenen Waldsetting mit einer Prise Romantik und Magie. Wann – und ob – eine dieser Geschichten den Weg zwischen zwei Buchdeckel finden wird, kann ich jetzt noch nicht sagen. Das hängt auch davon ab, ob ich einen Verlag finde, der eines der Projekte mit mir umsetzen möchte.

Ganz ohne neuen Lesestoff aus meiner Feder muss man aber nicht auskommen: Im „Jahrmarkt der Mysterien“ (Burgenwelt Verlag) kann man sich, wenn man mag, in meiner Geschichte „Odens Jakt“ erneut in die Zeit der Wikinger entführen lassen. Und voraussichtlich im März 2020 erscheint eine Science Fiction-Kurzgeschichte im Eridanus-Verlag.
Interessierte Leserinnen und Leser haben zudem die Möglichkeit, sich auf meiner Homepage über meine aktuellen Romanprojekte und anstehende Veröffentlichungen zu informieren.

https://weltaustinteundpapier.wordpress.com/

Vielen herzlichen Dank für das Gespräch!
November 2019