Im Gespräch mit Ute Zembsch

Im Burgenwelt Verlag ist gerade dein erster historischer Roman „Henkersweib“ erschienen. Worum geht es in der Geschichte?
Eine Leibeigene, geschändet und von ihrer ersten Liebe verraten, flieht in die Stadt, um frei zu werden. Zumindest körperlich, denn Leid und Schuld lasten auf ihrer Seele. Gegen sie aufgehetzt, will der Inquisitor sie als Ketzerin hinrichten. Ihre Rettung liegt in der Heirat mit dem Henker, der sie liebt. Sie deckt die Intrige gegen sich auf und erkennt, wie gefährlich ihr Wissen für ihren Widersacher ist. Letztendlich führt die Wahrheit zu Gerechtigkeit. Sie lernt zudem, ihrem Gemahl zu vertrauen. Seine Liebe und Treue heilen ihr Herz, das sich für ihn öffnet.

Wie würdest du deine Protagonistin Runhild in einem Satz beschreiben? Was ist ihre größte Stärke, was ihre größte Schwäche?
Ihre Liebe zu Wahrheit und Gerechtigkeit macht sie zur Kämpferin, jedoch auch angreifbar, da sie ihr Herz auf der Zunge trägt.

Wie bist du im historischen Genre gelandet? Was macht den Reiz für dich daran aus?
Mich faszinierte „schon immer“, wie die Menschen im Mittelalter und in der Antike lebten, wie sie Dinge nutzten und entwickelten, um sich den Alltag zu erleichtert. Ich liebe es, beim Schreiben meiner Geschichten zu recherchieren und etwas herauszufinden, das ich noch nicht oder nicht so genau wusste. Manches konnte ich auch in unserem Mittelalter-Verein ausprobieren, z.B. Bortenweben, Bogenschnitzen oder Schwertkampf. Natürlich war auch damals nicht alles eitel Sonnenschein, aber als „finster“ würde ich diese Epoche niemals bezeichnen. Daher ist es mir ein großes Anliegen, Wissenswertes einzuweben, um mit beliebten Irrtümern aufzuräumen.

Einige Autoren schreiben einfach drauflos, andere haben ihren Plot im Vorfeld akribisch ausgearbeitet, bevor sie auch nur das erste Wort zu Papier bringen. Und du?
Bei mir entwickelt sich die Geschichte aus einer Idee oder einer Eingebung heraus. Beim „Henkersweib“ war es eine Szene, in der eine Frau durch die Heirat mit dem Henker gerettet wird. Eine „Unschuldige“ ist zu klischeehaft, daher musste sie, nach damaligem Verständnis, etwas verbrochen haben. Nach und nach kamen immer mehr Puzzlesteine hinzu und ich fügte alles zu einem Plot zusammen. Ich plane, was in einem Kapitel passiert, doch lasse ich mich dabei nicht einengen. Fällt mir beim Schreiben ein besserer Handlungsverlauf ein, wird der entsprechende Teil umgeplant. Einfach losschreiben und schauen, ob es nachher passt, wäre nichts für die Perfektionistin in mir.

Man hört oft von Autoren, dass ihre Protagonisten sich verselbständigen, plötzlich andere Wege gehen als geplant. Ja mitunter sollen Charaktere sich sogar überraschend widerspenstig gezeigt, ein echtes Eigenleben entwickelt haben. Machen deine Protagonisten immer das, was du ihnen vorschreibst?
Bislang waren sie immer brav. Mir drängt sich gerne eine Szene oder eine Idee auf, die erzählt werden will. Ich entwickle dann die Geschichte sozusagen zusammen mit meinen Charakteren, die sich dafür bei mir „gemeldet“ haben. Beim Aussuchen ihrer Namen achte ich auch auf die Bedeutung oder den Klang, damit es zur Person passt. So kommen wir sehr gut miteinander aus.

Was bedeutet es für dich, eine Geschichte oder einen Roman nach dem Schreiben auch zu veröffentlichen? Ist das deine eigentliche Intension, dein Werk im Buchhandel zu sehen, oder nur das Tüpfelchen auf dem „i“?
Nach meiner Interpretation weder noch. Ich begann mit dem Schreiben, weil es mir Freude bereitet. Trotz aller damit verbundenen Arbeit fühle ich mich bei meinem kreativen Schaffen wohl und innerlich zufrieden. Mir blieb es verwehrt, meine Gebärmutter ihrem Daseinszweck zuzuführen, so sind meine Geschichten meine Kinder. Ich war und bin stolz und aufgeregt zugleich, nachdem zuerst meine Kurzgeschichten und nun meine „Henkersweib“-Tochter das Licht der Bücherwelt erblickten. Mögen sie und ihre künftigen Geschwister nicht nur mich, sondern auch viele LeserInnen begeistern. Schreiben ist ein wundervoller Prozess, zugleich möchte ich das großartige Gefühl, das eigene Werk zu veröffentlichen, noch oft genießen.

Und die letzte Frage: Woran arbeitest du gerade? Dürfen wir uns in Zukunft auf weitere spannende Geschichten von dir freuen?
Sehr gerne. Die Geschichte um Runhild geht weiter. Der zweite Band ist derzeit noch in der Testleserphase. Während ich auf weitere Rückmeldungen warte, schreibe ich an einem neuen Projekt, das im 11. Jahrhundert spielt. Es geht um Intrigen, Kämpfer und Spielweiber. Auch hier ist es mir wichtig, die Geschichte so zu erzählen, dass sich die LeserInnen in die Epoche einfühlen können. Leider ist die Quellenlage für diese Zeit sehr dünn, aber ich gebe mein Bestes.

Vielen Dank für das Gespräch!