Im Gespräch mit Anna Eichenbach

Wie hat es die Ausschreibung für den „Jahrmarkt der Mysterien“ auf deine Schreibliste geschafft? Was hat dich an dem Thema angesprochen?

Als ich das Thema und den ersten Cover-Schnipsel gesehen habe, wusste ich sofort: Hier muss ich es unbedingt versuchen! So viele verschiedene Menschen, die bei einem Jahrmarkt aufeinandertreffen. So vieles, was sie erlebt, was sie zu erzählen haben. So vieles, was abseits der Freude und des Gedränges in den Schatten lauern mag. Das bietet Autoren herrliche Möglichkeiten, sich kreativ auszutoben. Kein Wunder, dass mich gleich zwei Geschichten angesprungen haben, die erzählt werden wollten.
Hinzukommt, dass es gerade im historischen Bereich eher wenige Ausschreibungen gibt. Deshalb haben die des Burgenwelt Verlags seit einigen Jahren einen festen Platz auf meiner Schreibliste. Zudem durfte ich bereits bei „Auf düsteren Wegen“ und beim „Alien Eroticon“ mit Detlef Klewer zusammenarbeiten. Seine Anthologien überzeugen nicht nur durch die Qualität und den Abwechslungsreichtum der zusammengestellten Beiträge, sondern auch durch ihre wunderschöne Gestaltung. Detlef nimmt sich die Zeit, für jede Kurzgeschichte eine individuell auf den Inhalt abgestimmte Illustration anzufertigen, und ist noch dazu ein unglaublich talentierter Autor, Illustrator und Coverdesigner. Erneut für eine seiner Anthologien ausgewählt worden zu sein, ist für mich eine große Ehre.

„Odens Jakt“ ist ein schwedischer Begriff, oder? Was bedeutet dieser Titel deiner Geschichte?

Ganz genau. Ursprünglich wollte ich einen altnordischen Begriff als Titel der Erzählung wählen. Da dieser allerdings von politischen Gruppierungen vereinnahmt wird, von deren Ansichten ich mich ausdrücklich distanziere, bin ich auf „Odens Jakt“ beziehungsweise „Odins Jagd“ ausgewichen. Bei uns ist sie besser bekannt unter dem Begriff „Wilde Jagd“. In den Raunächten, in denen das Geisterreich offen stehe, ziehe Odin mit einer Schar Verstorbener durch die Lande, besagt eine Version der Legende. Dieses Motiv liegt auch meiner Erzählung zugrunde.

Du hast fast zeitgleich mit deiner Jahrmarkt-Kurzgeschichte auch einen historischen Roman („Wellensang: Eine Limfjord-Saga“) veröffentlicht, der ebenfalls Skandinavien als Setting hat. Sind die Wikinger dein Steckenpferd?

Als mein Steckenpferd würde ich sie nicht bezeichnen. Die Ära der Nordmänner ist nur eine Zeit, in der ich mich beim Schreiben ungemein wohlfühle. Das liegt vermutlich auch daran, dass ich durch die intensive Recherche für „Wellensang“ einiges über die Lebensweise und Kultur der Wikinger gelernt habe. Ihre Welt und ihre Mythen faszinieren mich.
Dass meine „Odens Jakt“ in solch einem Setting spielt, ist aber nicht ganz zufällig. Wie ich bereits erwähnte, hatte ich zwei potenzielle Ideen für die Ausschreibung. Letzend Endes habe ich mich auch aus dem Grund für die Umsetzung der Wikinger-Kurzgeschichte entschieden, weil ich hoffe, dadurch ein paar Leser auf meinen Roman aufmerksam machen zu können.

Demnächst erscheint von dir auch eine Kurzgeschichte in der SF-Anthologie „Fast menschlich“ (Eridanus Verlag). Wie bekommst du als Autorin diesen ziemlich großen Kontrast zwischen Science Fiction und historischer Belletristik hin?

Anthologieausschreibungen sind für mich immer eine willkommene Einladung, meine Komfortzone zu verlassen und mich auch mal an Genres heranzuwagen, die nicht so meins sind. Den Kontrast zwischen Vergangenem, das zu neuem Leben erwacht, und dem, was weit in der Zukunft liegt, bemerke ich auch beim Schreiben. Science Fiction geht mir nicht so leicht von der Hand wie eine historische Erzählung. Deshalb kann man meine bisherigen Ausflüge in die SF auch an einer Hand abzählen. In der Historie fühle ich mich hingegen zuhause. Da fällt es mir oft leichter, eine Idee und in den passenden Ton der Erzählung zu finden.

Letzte Frage: Welches Buch hast du zuletzt gelesen und würdest du es weiterempfehlen?

Momentan komme ich nur selten zum Lesen – sehr zum Leidwesen der ungelesenen Bücher, die sich in meinen Regalen stapeln. „Wellensang“ und meine anderen Schreibprojekte haben einfach viel Aufmerksamkeit gefordert.
Zurzeit liegt aber der Fantasyroman „Die weiße Königin“, der zweite Band der Chroniken von Azuhr aus der Feder von Bernhard Hennen auf meinem Schreibtisch. Wie jedes seiner Bücher kann ich auch dieses nur empfehlen. Hennen versteht sich einfach meisterhaft darauf, lebendige Charaktere, komplexe Welten und pure Wortmagie zu erschaffen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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